29. August 2011

wie ich mal auf Verhaltensforscher machte

Ich werde erst beim zweiten Mal so richtig stutzig. Das erste Ereignis registriere ich nur, lege es in irgendeiner Schublade ab. Es könnte ja noch gebraucht werden. Wenn ich dann ein zweites Mal eine identische Aussage höre, dann stutze ich erst.

Wobei, im konkreten Fall war das erste Mal so skurril, daß ich es sofort registrierte.

Mittlerweile habe ich ja beim sonntäglichen Brötchenkauen das Interview mit Jane Goodall gelesen. Es war genau die richtige Lektüre für einen verschlafenen Sonntag morgen, brav gestellte Fragen, artige Antworten, keine spektakulären Erkenntnisse, einen höfliche Verbeugung vor der Dame. Mehr war es nicht. Kein Aufreger, der einer weiteren tiefenphilosophischen Analyse bedarf.

Es ist schon ein sehr kühnes Unterfangen, so, wie es Zettel tat, ihre Aussage, Affen hätten Krieg geführt, herauszugreifen und daraus eine Moralphilosophie zu entwickeln. Im Kontext des Interviews geht diese Hypothese unter, ist soundso nicht haltbar, da Krieg nunmal eine politische Kategorie ist, die der menschlichen species vorbehalten bleibt, es sei denn Affen philosophieren auch und sind sich darüber im Klaren, daß sie Krieg führen, mit all dem, was dann der Mensch auch tut, als erstes die Wahrheit opfern, lügen, betrügen, täuschen, hinterlistig sein usw.

Womit ich auch schon beim Thema bin, ob Tiere wie Menschen denken, oder empfinden oder wenigstens Empathie entwickeln?

Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, mir in Gegenwart von Maxl den Rücken machen zu lassen. Für ihn selber war die Situation etwas befremdlich, da es etwas lauter und krawalliger als sonst zuging. Die Massage war schmerzhaft, insofern gab es auch dementsprechende Lautäußerungen meinerseits. Kurz vor Beendigung der Maßnahme ließ ich wieder mal eine Stöhnen ab, was Maxl mit drei Piepsern des Leidens quittierte. Da fiel der Satz.

Och, der leidet ja richtig mit.

Genau diesen Satz hatte ich in diesem Jahr schon einmal gehört. Bei einer Massage. Mit einem Hund.

Ich kenne das ja eigentlich seit Jahren, denn schon dazumal war fast immer ihr Hund im (Nachbar)Raum. Auf dem verlinkten Foto ist übrigens ein anderer, damals aber sehr wichtiger Hund zu sehen. Der ihrige war eine Hündin, schlohweiß, also in Ehren ergraut, und jenseits des Rentenalters. Beim ersten Mal hatte ich mich erschrocken, als die weiße Wölfin plötzlich vor mir stand. Keinen Ton hatte sie von sich gegeben, sondern in aller Stille die Prozedur der Behandlung beobachtet oder verschlafen. Nur in den kurzen Pausen beim Kundenwechsel gab es für sie Zeit zur Abarbeitung des Bewegungsdrangs, der sich wegen ihres biblischen Hundealters sehr in Grenzen hielt.

Die alte Dame ist inzwischen verstorben. Die Zauberin in Handmagie hat inzwischen einen neuen Hund. Einen Rüpel oder wie das heißt. Von der Straße. Ist ja Spanien, da gehört sich das für Deutsche so, den armen Hunden von der Straße zu helfen, allerdings alles mit ordentlichen Papieren, Tierarzt usw. Nun ist also Sir Henry Augenzeuge etlicher Mißhandlungen, etwas aufgeweckter und ängstlicher als seine Vorgängerin, noch lernend und pubertär. Ein junger Spund.

Es war wohl die letzte Massage im Mai, Frauchen ging forschen Schrittes gen Praxis, erwähnte, sie habe schon vernommen, daß ich die Wanderung gut überstanden habe, derweil Sir Henry in seinem Forscherdrang zwischen meine Beine drang, seine Schnauze an mein Gemächt heftete und heftigst ein Prise Duft einsaugte, was ihm Ärger mit seinem Frauchen einbrachte und von mir die Bemerkung, ich bräuchte das noch, er möge sich was anderes aussuchen, habe allerdings keine große Freude dran, denn so viel ist an meinen Knochen nun auch wieder nicht angeheftet, als daß ein Hund lange dran Spaß hätte, woraufhin ich dahingehend korrigiert wurde, daß Hunde Knochen mögen und sich sehr lange damit beschäftigen können, was ich damit quittierte, daß er sich dann doch lieber etwas gänzlich anderes als mich zum Spielen suchen soll. Ich brauche mich noch ein Weilchen.

Dann war eine Stunde lang Rücken angesagt, was durch die vortägliche Wanderung doch etwas schmerzhafter war und die dazugehörigen Laute mit sich brachte. Im Prinzip war die Behandlung zu Ende, ich ließ ein erleichtertes Stöhnen ab, auf einmal winselte Sir Henry im Gleichklang mit.

Hamse gehört, wie der mitgelitten hat?

Hatte ich. Hab's registriert und in die Ablage befördert. 3 Monate später ein anderes Tier, eine andere Masseurin und die gleiche Bemerkung.

Tja, da kann man philosophisch werden.

Aprospos Maxl, dem kann man auch nichts recht machen. So die Gelegenheit da ist, bringe ich ja wenigstens einen Grashalm mit, den ich dann aus der Hand füttere, denn ich darf das. Neulich hat er deutlich signalisiert, daß er keine Lust dazu hat, indem er weghüpfte. Beim letzten Mal konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Er hatte längst seinen Stammplatz vor dem Glöckchen eingenommen, um meinem Glockenspiel zu lauschen, doch ich machte keinerlei Anstalten, irgendwas zu glockenspielen. Da hat er mit einigen energischen Piepsern den Konzertbeginn eingefordert. Hat er dann auch bekommen, nebst anschließender Handfütterung eines Stengels frisch gezupften Grases. Sein Frauchen darf das nicht. Verstehe einer die Welt.